Was geschieht bei einem Trauma in unserem Kopf und Körper?
Sehr bedrohliche Situationen, die mit Hilflosigkeit und Ohnmacht verbunden sind, übersteigen unsere menschliche Verarbeitungsfähigkeit. Das sind extrem einschneidende Erfahrungen, die man nicht einfach so wegsteckt. Man spricht von traumatischen Erfahrungen.
Traumatische Erfahrungen werden von unserem Gehirn anders verarbeitet als alltägliche Erfahrungen. Normalerweise werden Ereignisse nach wichtigen und unwichtigen sortiert und je nachdem in der Erinnerung abgespeichert oder vergessen. Traumatischen Erfahrungen hingegen werden zersplittert und das Ereignis kann zunächst nicht mehr ohne weiteres zusammenhängend erinnert werden. Erinnerungen zu einem Ereignis können in unserem Gehirn aber nur dann abgespeichert werden, wenn alles, was zusammengehört, auch zusammen ist. Etwa wie ein Puzzle, das vollständig zusammengesetzt ist. Wenn die einzelnen Puzzleteile aber mal hier und mal dort herumfliegen, kann keine Speicherung erfolgen und so bleibt das Nervensystem überlastet durch die aufgestaute Energie. Solange diese Energie im Körper ist, entwickelt er diverse Symptome.
Wie reagiert unser Körper
Jeder Mensch reagiert unterschiedlich auf ein Trauma. Aber es gibt Reaktionen, die bei vielen ähnlich sind.
Bei den meisten Menschen tritt zuerst einmal ein schockartiger Zustand auf. Sie sind traurig, wütend, fühlen sich wie betäubt oder sind nervös, können sich kaum konzentrieren. Dieser Schockzustand kann sehr kurz bis einige Tage dauern.
Danach folgt eine Phase, in der viele das Gefühl haben, dass ständig Gefahr droht, dass sich das Ereignis wiederholen könnte. Immer wieder drängen die Bilder des Erlebten machtvoll ins Bewusstsein. Oft genügt ein Geruch, ein Geräusch oder ein Gespräch über ein ähnliches Thema, um sofort wieder an das Erlebte erinnert zu werden. Vielleicht beginnt man zu zittern, zu schwitzen, das Herz klopft stürmisch. Das sind heftige, aber natürliche Reaktionen auf die extreme Belastung. Es können Symptomen auftauchen wie Schlafstörungen, Reizbarkeit, Wut, Angespanntheit, Kopfschmerzen, Konzentrationsprobleme, Albträume, Schreckhaftigkeit, sozialer Rückzug und Freudlosigkeit. Es kann auch sein, dass Situationen, die an die Gewaltsituation erinnern, vermieden werden und mit grosser Angst verbunden sind.
Bei einem Teil der Betroffenen kommt es nach 2-4 Wochen zu einer psychischen Stabilisierung. Die Dauererregung sinkt langsam ab. Nicht jeder Gedanke an das Geschehen löst wieder den vollen Schrecken aus. Das Interesse am normalen Leben, an anderen Menschen kehrt langsam zurück. Es gibt wieder eine Zukunft. Noch immer ist das traumatische Erlebnis von zentraler Bedeutung und es kann noch lange dauern, bis die Welt und das Selbstbild wieder geradegerückt sind.
Wenn nach 1-2 Monaten die Reaktionen nicht schwächer werden oder sich sogar verstärken, dann empfiehlt es sich, professionelle Hilfe zu suche.
Rufen Sie uns an. Wir unterstützen Sie gerne bei der Suche nach professioneller Hilfe.
Was ist hilfreich?
Was können Sie tun, um sich selber zu helfen?
- mit vertrauten Menschen über Ihre Erlebnisse sprechen
- sich Zeit für Ruhe und Erholung nehmen
- sich überlegen, wer und was Sie entlasten kann
- herausfinden, was Ihren Schlaf verbessert
- bewusst Dinge unternehmen, die Ihnen schon vor dem Ereignis gutgetan haben (bewegen, malen, kochen, handwerken, Bekannte treffen, Musik hören, singen, etc.)
- für Ablenkung sorgen durch Tätigkeiten, die viel Aufmerksamkeit brauchen und im besten Fall auch noch Spass machen
- sich gesund ernähren und Alkohol oder Drogen vermeiden
- Geduld haben, es wird Ihnen wieder bessergehen, aber das braucht seine Zeit.
Was können Angehörige / Freundinnen und Freunde tun?
- Die betroffene Person dazu ermutigen, über das traumatische Ereignis zu sprechen und gleichzeitig akzeptieren, wenn sie nicht darüber sprechen möchte oder kann.
- Verständnisvoll und unvoreingenommen zuhören ohne Zweifel, Bagatellisierungen oder Vorwürfe an das Opfer. Die Verantwortung der Tat liegt bei der Gewalt ausübenden Person.
- Die betroffene Person nach ihren Bedürfnissen fragen und ihre Grenzen respektieren.
- Entlastung anbieten.
- Keine Schritte unternehmen ohne das Einverständnis der betroffenen Person.
- Das Opfer kann die erlittene Gewalt nur auf seine eigene Weise verarbeiten, deshalb sehr zurückhaltend mit gut gemeinten Ratschlägen sein und die betroffene Person darin bestärken, ihren eigenen Bedürfnissen, Wünschen und Entscheidungen zu vertrauen.
- Das Opfer nicht mit den eigenen Emotionen belasten. Für sich selber Unterstützung organisieren und eigene Kraftquellen erschliessen.
- Die betroffene Person nicht nur als Opfer sehen. Sie hat immer noch Stärken, Fähigkeiten, Kompetenzen, Hobbies, Vorlieben. Sich bewusst auf diese konzentrieren.